Sobald sich meine Schwester mal wieder auf den Weg zu einem ihrer Fußball-Lehrgänge begibt, lauten die Worte meiner Mutter jedesmal „…und nimm deinen Impfpass mit“. Wie gerufen, so vergessen. In 90% der Fälle wird der unschuldig auf dem Tisch liegen gebliebene Impfpass zum Streitobjekt. Ich verstehe sie beide: Der Impfpass kann meiner Schwester im Notfall das Leben retten – ist aber auch unfassbar nervig.
Dafür spricht zweierlei: Aufgrund seiner Größe ist er unverstaubar im Portemonnaie und dass es einfach zu uncool ist, sich das noch halb raus blitzende gelbe Flatterding in die Hosentasche zu stecken, versteht sich von selbst. Außerdem ist die Hosentasche ja für das Smartphone reserviert. Jenes vergisst meine Schwester übrigens nie. Dr. med. Johannes Jacubeit scheint beide Parteien versöhnen zu wollen und verknüpft das Sinnvolle mit dem Angenehmen. Ob Connected Health wirklich so entstand und warum LifeTime uns und unseren wertvolle Lebenszeit zurückgeben wird, erklärt er uns auf der CeBIT in einem kleinen Interview:
Hallo Herr Dr. Johannes Jacubeit, Ihr Startup Connected Health gibt es erst seit gut einem halben Jahr, warum seid ihr schon hier und mit welchem Konzept?
Dr. Johannes Jacubeit Gründer und Geschäftsführer von Connected Health: „LifeTime nennt sich unser Produkt, in welchem sich Gesundheitsdaten sowie medizinische Dokumente lokal zwischen einer Smartphone App und dem Arzt austauschen lassen. Das geschieht ganz unabhängig von der Indikation, d.h. wäre ich jetzt schwanger, würde das so aussehen [zeigt das Ultraschallbild in der App]. Gehe ich nun zum Arzt, verbindet sich mein Smartphone mit dem sogenannten LifeHub, einer systemunabhängigen Hardware. Der Arzt hat somit schnell Zugriff auf all meine relevanten Dokumente, kann Zusammenhänge zu vorherigen Befunden besser erkennen und den aktuellen Befund gleich in einer neuen Datei auf dem LifeHub speichern. Ich nehme mir das Bild dann beim Verlassen des Arztbesuchs automatisch wieder mit – das Ganze Funktioniert ohne Internet.
Dass Sie schwanger sind, ist ja eine rein fiktive Vorstellung. Wovon hat der Patient denn im realen Leben etwas?
Dr. Johannes Jacubeit: „Wir sehen den Vorteil darin, dass der Patient direkt alle Laborbefunde, Röntgenbilder etc. bei sich trägt. Daraus schließt sich eine win-win Situation für beide Parteien: Der Arzt hat die korrekten Daten und der Patient muss sich nicht erinnern, wann er wogegen zuletzt geimpft wurde – er hat die Daten direkt auf seinem Smartphone.
Vorausgesetzt er besitzt eins. Was ist mit den restlichen 50% in Deutschland ohne Smartphone?
Dr. Johannes Jacubeit: „Zugegebenermaßen, diese sind im Moment außen vor, da wir glauben, dass der Zukunftstrend in die andere Richtung geht. Wir verhandeln im Moment um eine USB-Stick versierte Lösung als Option für Ältere. Aber zunächst einmal möchten wir in den Markt mit unserem originären Produkt.
À pro pos Markt. Wie viele Betriebe haben LifeTime denn schon in ihren Praxisalltag integrieren können?
Dr. Johannes Jacubeit: „Wir sind da sehr positiv. Nach der code_n starten wir mit drei Ärzten den Alphatest, vermutlich auch in einer größeren Klinik in Hamburg, damit wir so schnell wie möglich in die Betaphase kommen und dann schon bis zu 50 Ärzte mit einem LifeHub ausstatten um dann gegen Jahresende theoretisch ein weltweit ausrollfähiges Produkt zu haben.
Das sind ja große Pläne. Steht Ihnen da viel Konkurrenz im Weg?
Dr. Johannes Jacubeit: „Im Moment tatsächlich nur die Gesundheitskarte mit einem tendenziell ähnlichen Konzept. Allerdings glaube ich , dass der Patient selbst sehr wenig mit der Karte anfangen kann, da er sie weder scrollen, ihre Daten angucken, noch auf sonst einem Weg mit ihr interagieren kann – ganz im Gegensatz zu unserem LifeTime Projekt. Technologisch neu ist auf jeden Fall die lokale Übergabe. Wir von Connected Health glauben daran, dass die Bevölkerung nun weit genug ist, um ihre Daten bei sich selbst haben zu wollen.
Gesundheitskarte? Da stehen den Datenschützern bestimmt die Haare zu Berge. Hat die Bevölkerung nicht vielmehr Angst um ihre sensiblen medizinischen Daten auf einer App?
Dr. Johannes Jacubeit: „Bis es zu einem Angriff auf ihre Daten kommt, müsste allen Patienten das Smartphone inklusive Passwortschutz der App geklaut werden. Dadurch, dass wir keine Cloud verwenden, gibt es keinen zentralen Datenspeicher, der angreifbar ist. Die Daten sind somit nach neusten Standarts gesichert und es müsste unglaublich viel Zufall im Spiel sein, um tatsächlich an die Daten zu gelangen
Muss der Patient nun einen Preis zahlen dafür, dass ihm der Papierkrieg erspart bleibt?
Dr. Johannes Jacubeit: „Nein, für den Patienten ist der Service kostenfrei. Ärzte zahlen eine deutlich unter 500 Euro liegende monatliche Gebühr und sind dadurch, wie sie grade sagten, vom Papierkrieg befreit. Das spart Kosten, Zeit und vor allen Dingen Nerven.
Nerven müssen Sie ja haben, bei dem Rummel um ihre Person. Warum reizt sie das Entrepreneurship so? War ihnen das Leben als Arzt zu langweilig?
Dr. Johannes Jacubeit: „ [lacht] Tatsächlich! Als orthopädischer Chirurg habe ich mich des Öfteren im medizinischen Sektor umgeschaut und mich dauernd gefragt, warum viele Dinge so kompliziert laufen. zudem habe ich mich schon immer gerne mit Softwareentwicklung beschäftigt. Irgendwann war einfach die Zeit gekommen, indem ich beides kombinierte, Prototypen entwickelte und mein vorheriges Leben hinter mich lassen musste.
Können wir von ihrem Produkt ebenso eine spannende Kehrtwende erwarten, wie die in Ihrem Leben stattfand?
Dr. Johannes Jacubeit: „Vorerst halten wir uns ziemlich bedeckt, damit ihr in ein paar Monaten auch noch was zu berichten habt. Die Roadmap ist im Moment ein innovatives Thema bei uns. Jedoch wollen wir bei dem Konzept bleiben, CD´s und Papier als Trägermedium zu ersetzen durch den verschlüsselten Container des LifeHub.
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg bei Ihrem baldigen Markteintritt!