BlaBlaCar ist mittlerweile die größte Plattform zur Vermittlung von Mitfahrgelegenheiten in Deutschland. Ursprünglich stammt das Unternehmen aus Frankreich. Die Wachstumskurve zeigte dabei in der Vergangenheit steil nach oben.
Mittlerweile seid ihr ja so groß, dass man euch nicht mehr als Startup bezeichnen kann. Wie hat denn damals bei euch alles angefangen?
Frédéric Mazzella: „Ich hatte die Idee zu BlaBlaCar Weihnachten 2003. Ich wollte meine Familie auf dem Land besuchen und hatte mich zu spät um ein Zugticket gekümmert. Alles war ausverkauft und schließlich machte meine Schwester einen großen Umweg, um mich netterweise mit dem Auto in Paris abzuholen. Auf dem Weg in die Heimat sah ich dann all die Autos um uns herum, die mit nur einer Person besetzt waren. Warum taten sich Reisende ohne und mit Auto, die das gleiche Ziel hatten, nicht einfach zusammen? Nachdem ich online keine Plattform dieser Art finden konnte, begann das Abenteuer.
Ich pitchte die Idee zwei meiner engsten Schulfreunde in einem Modellauto im Renault Pop-Up Store am Champs-Elysées. Einer der beiden, Damien, war sofort begeistert und wir fingen noch am selben Tag an zu coden. Meine beiden Mitgründer, Francis und Nicolas, traf ich dann später: Francis begegnete mir bei einem Meet-Up einer Gruppe von Entrepreneuren in einem 30qm-großen Wohnzimmer, das regelmäßig stattfand, um Ideen auszutauschen und neue Unternehmensprojekte zu entwickeln. Eines Abends sagte er zu mir: ‚Solltest du deine Plattform je für Mobile kompatibel machen wollen, ruf mich an.‘ Nico war sofort mit an Bord, als ich ihm die Idee in der Bücherrei an der INSEAD pitchte.
Gemeinsam mit einem befreundeten Studenten nahmen wir gleich zwei Mal mit der BlaBlaCar-Idee am Unternehmenswettbewerb dort teil – und beim zweiten Mal gewannen wir sogar. Danach nahm das ganze seinen Lauf und 2007, während eines Bahnstreiks in Frankreich, haben wir dann gesehen: Wow, wir können mit unserer Plattform wirklich einen Unterschied machen!
Ist das ursprüngliche Gründerteam noch mit an Bord?
Frédéric Mazzella: „Ja, wir sind alle drei noch an Bord, was toll ist, da wir uns sehr gut ergänzen: Francis ist ‘Bla’, ich bin ‘BlaBla’ und Nico ist ‘BlaBlaBla’.“
Mittlerweile seid ihr ja ein riesiges Team. Könnt ihr uns dazu ein paar Facts sagen?
Frédéric Mazzella: „Wir sind als Unternehmen in den letzten Jahren enorm gewachsen – auch, was die Anzahl unserer Mitarbeiter angeht. Mittlerweile sind wir über 550 begeisterte Ridesharer, die in einem Dutzend Büros weltweit jeden Tag an der gleichen Vision arbeiten: Dass irgendwann kein Auto mehr mit nur einer Person von A nach B unterwegs ist. Der größte Teil arbeitet in unserem Headquarter in Paris, von der IT bis zur Produktentwicklung. Und für die einzelnen Länder-Plattformen gibt es dann lokale Teams, die sich um Marketing, Kommunikation und die Community vor Ort kümmern. Wir sprechen deshalb auch häufig von einer „glocal structure“. Unser deutsches Team sitzt z.B. im schönen Hamburg.“
Beschreibt nochmal kurz, was genau ihr macht und warum ich als User BlaBlaCar nutzen sollte.
Frédéric Mazzella: „Ganz einfach gesagt: Wir vermitteln Autofahrer, die planen eine lange Strecke von A nach B zu reisen und noch freie Plätze haben, mit anderen Reisenden, die keinen Pkw besitzen und das gleiche Ziel haben. So können sie sich die Fahrtkosten teilen, reisen in Gesellschaft und sind nachhaltiger unterwegs. Da es bei uns um das reine Kostenteilen geht und die Fahrer keinen Gewinn machen, ist der Versicherungsschutz beim Mitfahren gewährleistet. Zusätzlich sind Fahrten bei BlaBlaCar noch über unseren Partner AXA abgesichert – u.a. gibt es eine Ankommensgarantie, sollte es zu einer Panne kommen – und auf BlaBlaCar.de wird der anteilige CO2-Ausstoß für jeden gebuchten Sitzplatz automatisch über unseren Partner myclimate kompensiert. Wir sind also ein digitaler Marktplatz, der ein eigentlich unsichtbares Reisenetzwerk aktiviert: freie Sitzplätze in Autos. So schaffen wir eine soziale, nachhaltige und kostengünstige Art der Mobilität, die global funktioniert. Das Auto ist nämlich tatsächlich immer noch mit Abstand das Reisemittel Nr. 1 auf Langstrecken. Da braucht es innovative Denkansätze, um die Nutzung effizienter und damit ökologischer zu gestalten.“
Woher stammt eigentlich der Name „BlaBlaCar“?
Frédéric Mazzella: „Das Schöne an unserem Markennamen ist, dass er im Ohr bleibt und einfach überall funktioniert. Auf der ganzen Welt verbinden Menschen den Ausdruck „BlaBla“ mit Sprechen und damit mit sozialer Interaktion. Die Namenssuche war ein sehr langwieriger Prozess. Ich habe mir nächtelang den Kopf zerbrochen, welcher Markenname sowohl den sozialen Aspekt des Carpoolings widerspiegelt als auch die rein funktionelle Seite dieser Form der gemeinsamen Fortbewegung.
Kurz gefasst geht der Markenname „BlaBlaCar“ auf ein Profilfeature zurück, das es bei uns gibt: Mitglieder können sich anhand sozialer Profile aussuchen, mit wem sie zusammen reisen möchten. In diesen Profilen geben Fahrer wie Mitfahrer an, wie gesprächsfreudig sie sind: ‚Bla‘, ‚BlaBla‘ oder ‚BlaBlaBla‘. In unserem Entscheidungsprozess hat sich am Ende herausgestellt, dass es diese Funktion ist, die hängen bleibt. In unserer BlaBlaCar ‚Inside Story‘, die wir anlässlich unseres 10-jährigen Jubiläums aufgeschrieben haben, findet ihr noch mehr dazu.“
Ihr habt euer Angebot dabei auch stetig weiterentwickelt. Während die Nutzung von BlaBlaCar am Anfang noch kostenlos für die User war, erhebt ihr ja mittlerweile eine Gebühr. Könnt ihr uns dazu genaueres sagen?
Frédéric Mazzella: „Es ist natürlich klar, dass wir als Plattform irgendwann ein Geschäftsmodell benötigen, um langfristig nachhaltig wirtschaften zu können. Um unsere Vision zu erreichen, dass irgendwann kein Auto mehr nur mit einer Person besetzt umher fährt, entwickeln wir BlaBlaCar jeden Tag weiter. Durch die Reservierungsgebühr, die der Mitfahrer pro Sitzplatzbuchung zahlt, können wir eine qualitativ hochwertige Plattform bieten, auf der unsere Mitglieder keine Werbebanner finden, sondern das, was sie suchen: Eine zuverlässige, nachhaltige und kostengünstige Reisemöglichkeit, die jederzeit in nur ein paar Klicks organisiert und einzigartig ist. Fest steht: Auch mit Gebühr bleibt das Mitfahren eine der kostengünstigsten Möglichkeiten, um von A nach B zu kommen.“
Euch wird auch vorgeworfen, eure jetzige Marktmacht auszunutzen, um eine eigentlich soziale Idee, die Mitfahrgelegenheit, für Gewinnmaximierung zu nutzen.
Frédéric Mazzella: „Die Tatsache, dass wir ein Geschäftsmodell eingeführt haben, bedeutet auf keinen Fall, dass der Grundgedanke des Mitfahrens zerstört wird. Im Gegenteil: Wir ermöglichen mit unserer Plattform, ihren Funktionen und Rahmenbedingungen die Vertrauensbasis, die es für das entspannte, gemeinsame Reisen benötigt. Das Zwischenmenschliche während der Fahrt und die Kostenteilung sind der Kern des Mitfahrens und der soll unbedingt bewahrt und unterstützt werden. Durch die Preisedeckelung auf BlaBlaCar stellen wir sicher, dass jede Mitfahrgelegenheit rein auf dem Prinzip der Kostenteilung basiert und der Fahrer keinen Gewinn macht.
Durch die Onlinereservierung und –bezahlung von Sitzplätzen fällt der Geldaustausch am Ende der Fahrt weg und Mitfahrer sind viel zuverlässiger, d.h. sie springen nicht einfach spontan ab. Das alles kommt der sozialen Idee des Mitfahrens zugute. Davon unabhängig bedeutet der Betrieb und die Weiterentwicklung einer hochwertigen, technisch einwandfreien Plattform, über die pro Quartal 12 Millionen Menschen miteinander reisen auf Basis der Wünsche und Bedürfnisse unserer Mitglieder natürlich auch, dass Kosten gedeckt und Einnahmen gemacht werden müssen.“
Viele User empfinden eure Gebühren als zu hoch. Was entgegnet ihr ihnen?
Frédéric Mazzella: „Die Gebühren bewegen sich für eine durchschnittlich lange Fahrt, wie z.B. Berlin – Hamburg zwischen 2 und 3 Euro pro Sitzplatz. Damit ist das Mitfahren über BlaBlaCar auch weiterhin eine der kostengünstigsten Reisemöglichkeiten für Langstrecken. Wir bieten mit unserer Plattform dafür auch viele Mehrwerte für Fahrer wie Mitfahrer: Zuallererst versammeln wir das größte Angebot und die größte Nachfrage, die es Fahrern wie Mitfahrern jederzeit ermöglicht, die passende Reisemöglichkeit zu finden. Im Anschluss machen wir das Organisieren einer Mitfahrgelegenheit so einfach und zuverlässig, wie bei anderen Verkehrsmitteln auch.
Darüber hinaus bieten wir Services, wie die zusätzliche Versicherung jeder Fahrt durch ein maßgeschneidertes Versicherungspaket, das standardmäßige CO2-neutrale Mitfahren, einen Mitgliederservice, der sich 7 Tage die Woche um alle Anliegen kümmert, eine moderierte Plattform mit Bewertungssystem und sozialen Profilen – ich könnte noch lange so weiter machen. Was ich damit sagen möchte: Die Entscheidung für eine Gebühr als Geschäftsmodell bedeutet für uns auch, unseren Service permanent zu überprüfen, auszubauen und durch Qualität zu punkten, von der wiederum unsere Mitglieder profitieren.“
In den sozialen Netzwerken häufen sich die Beschwerden über die Online Zahlung. Habt ihr eure Kunden falsch eingeschätzt?
Frédéric Mazzella: „Ich verstehe sehr gut, dass Veränderungen immer schwierig sind – gerade, wenn man ein altes System lange genutzt hat. Deshalb haben wir die Onlinezahlung auch schrittweise im Dialog mit unseren Mitgliedern eingeführt. Konstruktive Kritik und Feedback sind dabei immer sehr willkommen, da wir unsere Plattform stetig weiterentwickeln möchten und die Mitglieder und ihre Bedürfnisse dabei im Zentrum stehen.
Nachdem die Onlinezahlung mittlerweile in ganz Deutschland und in vielen europäischen Ländern implementiert ist, sehen wir: Sie wird sehr gut angenommen und genutzt – schließlich geht sie auch auf die Wünsche zurück, die in der Community formuliert wurden. Dazu gehören mehr Zuverlässigkeit, Einfachheit und Struktur bei der Organisation der gemeinsamen Fahrten. Bei 40 Millionen Mitgliedern weltweit und über 4 Millionen FacebookFans, gilt es immer, eine Balance zu finden und zu entscheiden, welche der gewünschten Features einen echten Mehrwert bringen – die Onlinezahlung ist ein solcher.“
Ihr wollt die Online-Zahlung als einzige Zahlungsmöglichkeit etablieren. Das wird ganz sicher auf großen Widerstand stoßen, gerade in einem Land wie Deutschland, in dem die Menschen gerne bar bezahlen. Seid ihr darauf vorbereitet, User zu verlieren?
Frédéric Mazzella: „Letztlich macht die Onlinezahlung das Buchen einer Mitfahrt genauso einfach und zuverlässig wie das Reisen per Bus und Bahn und bedeutet ein absolutes Qualitätsplus. Für einen Sitzplatz online zu zahlen, ist 2017 einfach Standard und eine Grundvoraussetzung, um das Mitfahren für einen breiten Teil der Bevölkerung attraktiv zu machen. Carpooling wird durch die gesteigerte Zuverlässigkeit und das Vertrauensplus, das mit einer professionellen Plattform verbunden ist, auch für Reisende attraktiv, für die diese Reiseform bisher vielleicht noch zu wenig planbar war. Nachdem wir die Onlinezahlung 2016 schrittweise in Deutschland eingeführt haben und sie bereits seit mehr als einem halben Jahr bundesweit verfügbar ist, konnten wir keinen massiven Verlust von Nutzern verzeichnen. Im Gegenteil machen wir immer mehr Menschen auf uns aufmerksam, die sich täglich bei BlaBlaCar anmelden.“
Viele User könnten auch zu Portalen abwandern, die kostenlos Mitfahrgelegenheiten vermitteln. Wie wollt ihr das verhindern?
Frédéric Mazzella: „Man kann die Reservierungsgebühr auch so sehen: Mit einem Geschäftsmodell wie diesem konzentrieren wir uns voll und ganz darauf, die beste Qualität und damit Mitfahr-Erfahrung zu bieten. Wir verpflichten uns unseren Mitgliedern gegenüber, eine technisch einwandfreie, werbefreie, moderierte und damit hochwertige App und Website zu bieten, auf der sie jederzeit einen Sitzplatz besetzen oder finden können. Wir stellen also Fahrer und Mitfahrer sowie ihr Nutzererlebnis ins Zentrum, statt uns über Werbebanner oder Nutzerdaten zu finanzieren.
Die Services, die auf unserer Plattform geboten werden, sind im Mitfahrmarkt einzigartig und wir sind überzeugt, dass wir durch Qualität punkten. Durch ein nachhaltiges Geschäftsmodell haben wir die entsprechende Manpower und die Ressourcen, Carpooling weiter voranzubringen und für eine breite Nutzerschicht attraktiv zu machen. Dies wiederum kommt allen Mitgliedern zugute, denn je mehr Angebot und Nachfrage, desto mehr Auswahl und Erfolgsaussichten für das Organisieren einer – übrigens auch weiterhin sehr günstigen – Mitfahrgelegenheit.“
Bei euch soll auch die Community eine große Rolle spielen. User können eine Mitfahrgelegenheit beispielsweise nach Musikgeschmack oder Gesprächsbereitschaft aussuchen. Unterscheidet ihr euch so von möglichen Mitbewerbern?
Frédéric Mazzella: „Die Community steht bei uns im Fokus und wir führen keine Funktion ein, ohne dass sie auf Mitgliederfeedback bzw. zentrale Bedürfnisse von Fahrern und Mitfahrern zurückgeht. Bei einem Peer-to-Peer-Service wie unserem ist Vertrauen eine zentrale Komponente – schließlich müssen wir dafür sorgen, dass wir digital das Vertrauen schaffen, damit Menschen in der „echten“ Welt mehrere Stunden miteinander in einem Auto reisen.
Daher gibt es bei BlaBlaCar soziale Profile und ein Bewertungssystem. Alle Inhalte auf BlaBlaCar werden moderiert und ein Mitgliederservice ist sieben Tage die Woche für die Anliegen unserer Mitglieder da. In der Share Economy möchten wir im Bereich Vertrauensbildung einer der Vorreiter bleiben und dies auch weiter ausbauen.
2016 haben wir gemeinsam mit dem Share Economy Experten Arun Sundararajan den Trust Report herausgegeben, der genau hier ansetzt und zeigt, wie viel Vertrauen wir durch den Aufbau und die Gestaltung von BlaBlaCar bereits zwischen Privatpersonen bilden. Dabei kam heraus, dass 88% der BlaBlaCar-Mitglieder anderen Mitgliedern mit einem ausgefüllten Profil sogar mehr vertrauen als Kollegen oder Nachbarn. Das zeigt, dass wir mit unserer Plattform bereits die richtigen Tools bieten, um geteilte Mobilität in großem Maßstab zu verwirklichen.“
Deutschland wäre für euch der ideale Markt gewesen, solange es hier keine Fernbusse gab, oder?
Frédéric Mazzella: „Deutschland ist so oder so ein idealer Markt – schließlich ist das grundsätzliche Prinzip des Mitfahrens dort schon lange bekannt. Deshalb stellt sich uns die Frage in dieser Form gar nicht. Die Liberalisierung des Fernbusmarktes hat gleichzeitg mit unserem Eintritt in den deutschen Markt stattgefunden und wir sind trotzdem rasant gewachsen. Deutschland ist auch so einer unserer Kernmärkte geworden. Man sollte schließlich bedenken: Unser eigentlicher Wettbewerber sind all jene Autos, die auf deutschen Straßen (und weltweit) mit nur einer Person umher fahren. Nach wie vor besteht der Individualverkehr auf Langstrecken zu 76% aus Pkw. Das Auto ist also Reiseverkehrsmittel Nr. 1 und das Potenzial riesig – durch BlaBlaCar wird das Reisen per Pkw in Deutschland so nachhaltig wie nie zuvor, kostengünstig und sozialer.“
Im deutschen Fernbusmarkt scheint es gerade mit MeinFernbus-FlixBus auf einen großen Anbieter herauszulaufen. Sollte es dort zu steigenden Preisen kommen, kann das natürlich nur gut für euch sein.
Frédéric Mazzella: „Mit Blick auf den Stellenwert des Autos für Reisen auf Langstrecken gibt es, wie eben schon erwähnt, noch so viel Potenzial. Der Pkw wird immer noch sehr viel genutzt, weil er gegenüber Bus und Bahn einige Vorteile bietet: Komfort, Schnelligkeit, Flexibilität. BlaBlaCar deckt ein Mobilitätsbedürfnis flächendeckend ab, das Bahn und Bus nicht leisten können. Wir helfen dabei, diese Nutzung so nachhaltig wie möglich zu gestalten, indem Autofahrer ihre Sitzplätze besser auslasten und der anteilige CO2-Ausstoß jedes Mitfahrers über BlaBlaCar.de automatisch über ein Klimaschutzprojekt kompensiert wird. Darüber hinaus ist es viel geselliger und kostengünstiger Mitfahrer mit ans Ziel zu nehmen. Egal was auf dem Fernbusmarkt passiert: Durch das Prinzip der Kostenteilung bleibt das Mitfahren auch langfristig sehr kostengünstig.“
Denkt ihr, dass der Preis der einzige Grund ist, warum User eine Mitfahrgelegenheit einer Verbindung per Bus oder Bahn vorziehen?
Frédéric Mazzella: „Da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Da wir ein digitaler Marktplatz sind, müssen wir immer unterscheiden zwischen den Anreizen, die ein Fahrer hat, um seine freien Sitzplätze anzubieten und jenen für den Mitfahrer, sich einen Sitzplatz zu buchen. Für Fahrer ist das Teilen der Fahrtkosten natürlich ein wichtiger Faktor. Gemeinsam mit der Tatsache, dass die Fahrt weniger langweilig ist als allein und dem Bedürfnis, das Nutzen des eigenen Pkw für Langstrecken nachhaltiger zu gestalten.
Für Mitfahrer hat das Reisen per BlaBlaCar neben dem günstigen Preis weitere Vorzüge: Man kommt schneller an als z.B. mit dem Bus, ist ökologisch unterwegs, weil man eine ohnehin vorhandene Ressource nutzt und hat Reisegesellschaft. Zudem ist eine Mitfahrgelegenheit wesentlich flexibler. Die „Haltestellen“ verteilen sich über die ganze Stadt und die Buchung über das Smartphone ist in ein paar Klicks erledigt. Zudem bleiben die Preise bei BlaBlaCar auch bei Spontanbuchungen und in reisestarken Zeiten stabil – sie springen nicht in die Höhe, wenn die Nachfrage, z.B. zu Weihnachten oder an langen Wochenenden, steigt.
Die Bahn hat in letzter Zeit auf die Konkurrenz durch die Fernbusse und vielleicht auch auf die Mitfahrgelegenheiten reagiert und neue Angebotspreise bekanntgegeben. Seht ihr die Bahn als Konkurrenten für euch?
Frédéric Mazzella: „Sicherlich ist es kein Zufall, dass wir während eines großen Bahnstreiks während der Anfänge unserer Plattform gemerkt haben, dass wir eine wirkliche Mobilitätsalternative schaffen. Im Übrigen ist unser erster und hartnäckigster Konkurrent, weit vor den Fernbussen oder gar der Bahn, die verbreitete Gewohnheit, dass man Fahrten im Pkw alleine macht und damit Ressourcen nicht nutzt. Alle freien Sitzplätze bieten ein riesiges Reisenetzwerk, das wir nach und nach aktivieren und zu einem modernen Mobilitätsangebot für jeden machen.
Letztlich ist das Mobilitätsverhalten der Menschen heutzutage so individuell, dass sie sich nicht auf ein einziges Verkehrsmittel festlegen – manchmal nutzt man lieber das eine, mal das andere. Schaltzentrale ist dabei ganz klar das Smartphone. Fakt ist auf jeden Fall, dass BlaBlaCar mittlerweile fest zu diesem Mobilitätsmix dazugehört. Und wir konzentrieren uns ganz auf uns und unsere Plattform. Wir wollen Reisende durch unser Angebot und die Art, wie wir moderne Mobilität denken, von uns überzeugen: Flexibel, kostengünstig, sozial und nachhaltig.“
Als ihr nach Deutschland kamt, gab es schon ein paar etablierte Seiten, die Mitfahrgelegenheiten vermittelt haben. Warum seid ihr trotzdem erfolgreich geworden?
Frédéric Mazzella: „Dass wir uns als Marktführer etabliert haben, hat vielerlei Gründe. Wir denken das Mitfahren jeden Tag weiter und setzen damit Standards für den gesamten Mobilitätssektor. Unsere Mitglieder stehen dabei im Zentrum unserer Dienstleistung. So haben wir es geschafft, eine vertrauensvolle Community aufzubauen und investieren viel in Weiterentwicklungen und Innovation – so begeistern wir immer mehr Menschen für die geteilte Mobilität und Mitfahrer sowie Fahrer können ihre gemeinsame Fahrt immer schneller und effizienter organisieren. Dazu gehört u.a. die Bildung von gegenseitigem Vertrauen. Nicht zuletzt durch die Zusammenführung von mitfahrgelegenheit.de und BlaBlaCar unter einem Dach bündeln wir nun das größte Angebot und die größte Nachfrage und bieten ein einheitliches Mitfahr-Erlebnis.“
International gesehen seid ihr in vielen verschiedenen Ländern aktiv. Passt ihr euer Angebot an lokale Gegebenheiten an oder bietet BlaBlaCar überall den gleichen Service?
Frédéric Mazzella: „Neben unserem HQ in Paris haben wir immer auch lokale Teams für einen Großteil der Länderplattformen. Diese sorgen dafür, dass die Funktionen der einzelnen Plattformen auch an die jeweiligen kulturellen Gegebenheiten angepasst sind. So gibt es in Deutschland bspw. keinen ID-Check, da dies kein spezieller Wunsch der deutschen Mitglieder ist und nicht entscheidend für die Vertrauensbildung – in anderen Ländern wie Indien oder der Türkei hingegen, ist der ID-Check ein wichtiges, zusätzliches Vertrauenslevel.
Ein Pilotprojekt, das es auf BlaBlaCar.de gibt, ist das CO2-neutrale Mitfahren, d.h. der anteilige CO2-Ausstoß jedes gebuchten Sitzplatzes wird automatisch kompensiert. Diese standardmäßige Kompensation ist so nicht nur im Bereich des Carpoolings eine Neuheit, sondern im gesamten Mobilitätsbereich in Europa.“
In welchen Regionen seht ihr noch das größte Wachstumspotential für BlaBlaCar?
Frédéric Mazzella: „Russland entpuppt sich derzeit als ein sehr starker Markt und könnte 2017 sogar zu unserem stärksten werden. Ein Schwellenmarkt wie Brasilien wächst natürlich auch sehr stark, bieten doch hohe Benzinpreise und Maut einen starken Anreiz, gemeinsam im Pkw zu reisen. Und wenn man sich einmal die Zeit nimmt und auf deutschen Autobahnen in die anderen Fahrzeuge schaut, sieht man: Auch in Deutschland gibt es noch so viele freie Sitzplätze, die besetzt werden können.“
In welcher Hinsicht wollt ihr euer Angebot in nächster Zeit weiterentwickeln?
Frédéric Mazzella: „Nachdem wir BlaBlaCar in den letzten zwei Jahren in einer bedeutenden Anzahl von Ländern weltweit etabliert haben, liegt unser Fokus 2017 darauf, unsere App und die User Experience maßgeblich weiterzuentwickeln und gleichzeitig in unseren bestehenden Märkten weiter zu wachsen. Die technische Weiterentwicklung unserer App steht im Zentrum unserer Bestrebungen. Sie soll noch zuverlässiger werden und das Anbieten wie Buchen von Sitzplätzen so nahtlos wie möglich sein.
Wir haben beispielsweise registriert, dass das Finden und Organisieren eines Treffpunktes für Fahrer und Mitfahrer einer reibungslosen Mitfahr-Erfahrung entgegenstehen kann. Deshalb arbeiten wir daran, immer die besten Treffpunkte, basierend auf den Tipps unserer Community, vorzuschlagen und an innovativem Mapping.”
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